Bechtold · Fessler · Schilling
AUGE · SEHEN · EXPERIMENT

Bechtold · Fessler · Schilling
21. 1. – 27. 2. 2000

Die Entwicklung der letzten rund zehn Jahre hat eine Art Grundkonsens in der Kunstwelt gezeitigt, der besagt, dass – im Gegensatz zum immer rascheren Wechsel von Kunstrichtungen und –trends – nun so gut wie alles nebeneinander bestehen kann.

Was für die einen als Zeichen größtmöglicher Freiheit (oder Beliebigkeit!) gilt, interpretieren andere als Endphase einer Entwicklung, an deren Beginn das romantische Künstlerbild steht: das Genie und sein kongenialer Rezipient. Es scheint, als würde die Wahl der künstlerischen Mittel nichts mehr über die Intentionalität eines Werks aussagen. Oder anders gesagt: Wenn alles möglich ist, verliert die Aussage gegenüber der rein ästhetischen Präferenz.

Dieses Dilemma wird von im Grunde sehr verschiedenen Künstlern damit beantwortet, dass sie an weit ältere Traditionen anschließen, als jene der Romantik es sind: nämlich an die des Künstleringenieurs der Renaissance und an jene der Aufklärung. Ihre Absicht besteht darin, dass sie – unter Berücksichtigung des modernen Subjekts und der technischen Errungenschaften – auf die Rationalität des neuzeitlichen Weltbildes nicht Verzicht leisten.

Der reflexive Gehalt der Begriffe „Gesetz, Experiment, Fortschritt“ (Edgar Zilsel), mit dem vor allem die Künstleringenieure das alte geschlossene Weltbild des christlichen Abendlands revolutionierten und in ein offenes erkenntnistheoretisch orientiertes Modell verwandelten (von der Aufklärung im Geist einer bürgerlich verfassten Gesellschaft um den Nutzen für das Allgemeinwohl erweitert), setzt sich bei diesen Künstlern in kritisch zeitgemäßer Weise fort.

Die Skepsis gegenüber der Aussagekraft höchst subjektiver, intuitiv emotionaler Kunstäußerungen hat sie dazu veranlasst, dem technisch naturwissenschaftlichen Experiment bzw. der objektivierbaren Analyse mehr Augenmerk zu schenken.
(Martin Adel)

In der Themenausstellung SEHEN AUGE EXPERIMENT ist es das Mittel der Fotografie, das in je unterschiedlicher Art die subjektive Sehweise in verschiedenen Versuchsanordnungen objektiviert und damit die subjektive Wahrnehmung hinterfragt. Insofern stellen sie den eigenen Blick auf die Probe und nötigen dem Betrachter des Werks ab, seinerseits die subjektiven visuellen Lesarten zu überprüfen.  

Kurator: Martin Adel